
Die Frage, welches Elternteil Kindergeld erhält, spielt besonders bei getrennten oder geschiedenen Eltern eine Rolle und hat Auswirkungen auf die finanzielle Situation der Familie. Das Kindergeld ist eine staatliche Leistung, die Familien in Deutschland unterstützt, und es soll dazu beitragen, die grundlegenden Bedürfnisse des Kindes zu decken. In diesem Artikel wird detailliert erklärt, welches Elternteil das Kindergeld erhalten kann, welche Voraussetzungen dafür gelten und wie die Aufteilung bei besonderen Situationen geregelt ist.
1. Allgemeine Regelungen zum Kindergeldanspruch
Das Kindergeld in Deutschland steht grundsätzlich allen Eltern zu, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben und ihre Kinder finanziell unterstützen. Die Zahlung ist vom Einkommen der Eltern unabhängig und wird für jedes Kind bis zum 18. Lebensjahr gezahlt – in bestimmten Fällen auch bis zum 25. Lebensjahr, etwa bei Ausbildung oder Studium des Kindes.
Das Kindergeld wird normalerweise an den Elternteil gezahlt, der das Kind hauptsächlich betreut und in dessen Haushalt das Kind lebt. Die Bereitstellung erfolgt über die Familienkasse der Bundesagentur für Arbeit und setzt einen Antrag voraus. Nach Bewilligung wird das Kindergeld monatlich ausgezahlt.
2. Festlegung des Kindergeldempfängers bei gemeinsamer Erziehung
Bei zusammenlebenden Eltern, die das Kind gemeinsam betreuen, stellt sich die Frage, welches Elternteil das Kindergeld erhält, meist nicht. In diesem Fall können die Eltern selbst festlegen, an wen die Zahlung erfolgen soll, wobei dies in der Regel derjenige ist, der die meisten alltäglichen Ausgaben des Kindes trägt. Meistens einigen sich Eltern darauf, dass das Kindergeld an den Elternteil überwiesen wird, der die Kinderbetreuung organisiert oder die Hauptverantwortung für die finanziellen Ausgaben des Kindes übernimmt.
Falls beide Elternteile ihre Bankverbindung bei der Familienkasse angeben, kann das Kindergeld aber auch zu gleichen Teilen aufgeteilt werden. Diese Regelung ist jedoch nur selten und meist in besonderen Fällen üblich.
3. Kindergeld bei getrennten oder geschiedenen Eltern
In der Praxis wird die Frage, welches Elternteil das Kindergeld erhält, besonders bei getrennten oder geschiedenen Eltern relevant. Im Falle einer Trennung oder Scheidung lebt das Kind häufig bei einem Elternteil, während der andere Elternteil Unterhalt zahlt oder zumindest finanziell unterstützt.
3.1 Das betreuende Elternteil als Kindergeldempfänger
Wenn das Kind hauptsächlich bei einem Elternteil lebt, wird dieser Elternteil auch als „Kindergeldberechtigter“ angesehen und erhält in der Regel das Kindergeld. Dies geschieht unabhängig davon, ob der andere Elternteil Unterhalt zahlt oder nicht. Der Kindergeldanspruch geht in diesem Fall also an das Elternteil, das die hauptsächliche Betreuung und Versorgung des Kindes übernimmt.
3.2 Wechselmodell und Kindergeld
Im sogenannten Wechselmodell, bei dem das Kind zu gleichen Teilen bei beiden Eltern lebt, stellt sich die Frage, welches Elternteil das Kindergeld erhalten sollte, anders dar. Da beide Eltern hier eine nahezu gleichwertige Betreuung und finanzielle Versorgung des Kindes übernehmen, kann das Kindergeld in einem solchen Fall geteilt werden. Die Eltern können gemeinsam entscheiden, dass einer von ihnen das Kindergeld bezieht und es dann untereinander aufteilt, oder sie können eine andere Lösung finden.
Sollte keine Einigung erzielt werden, behält die Familienkasse sich das Recht vor, einen Elternteil als Empfänger festzulegen. Die Entscheidung wird dann auf Grundlage der tatsächlichen Betreuungssituation und den wirtschaftlichen Bedingungen beider Elternteile getroffen.
4. Bedeutung des Kindergeldes für den Unterhalt
Das Kindergeld hat auch Auswirkungen auf den Unterhaltsanspruch des Kindes. Wenn ein Elternteil das Kindergeld erhält, kann dies den Unterhaltsanspruch gegenüber dem anderen Elternteil reduzieren. Das Kindergeld wird hierbei zur Deckung des Lebensunterhalts des Kindes angerechnet und somit bei der Berechnung des Unterhalts berücksichtigt.
4.1 Anrechnung des halben Kindergeldes
Im Falle des sogenannten Residenzmodells, bei dem das Kind bei einem Elternteil lebt und der andere Elternteil Unterhalt zahlt, wird das Kindergeld in der Regel zur Hälfte auf den zu zahlenden Unterhalt angerechnet. Das bedeutet, dass der Unterhaltszahler seinen Betrag um die Hälfte des Kindergeldes reduzieren kann, um eine gerechtere Aufteilung der finanziellen Verantwortung sicherzustellen.
5. Ausnahmefälle und Sonderregelungen
In besonderen Fällen kann es sein, dass das Kindergeld an das Elternteil ausgezahlt wird, das weniger Betreuung übernimmt. Hierfür gibt es einige Ausnahmebedingungen:
- Gerichtliche Vereinbarung: Manchmal kann ein Gericht bestimmen, welches Elternteil das Kindergeld erhält, insbesondere in Fällen, bei denen der Kindergeldbezug strittig ist. Gerichtliche Anordnungen werden durch die Familienkasse anerkannt.
- Zusätzlicher Unterstützungsbedarf: Wenn ein Elternteil beispielsweise durch gesundheitliche Probleme oder finanzielle Notlage einen zusätzlichen Bedarf zur Betreuung des Kindes hat, kann das Kindergeld ausnahmsweise an dieses Elternteil gezahlt werden.
6. Antragstellung und Wechsel des Kindergeldempfängers
Ein Elternteil, das den Kindergeldanspruch geltend machen möchte, muss einen entsprechenden Antrag bei der Familienkasse stellen. Hierzu ist es erforderlich, dass die Antragsformulare vollständig ausgefüllt und alle relevanten Unterlagen eingereicht werden.
6.1 Gemeinsamer Antrag und Zustimmung
Wenn beide Eltern Anspruch auf das Kindergeld erheben und keine Einigung erzielen können, kann die Familienkasse entscheiden, welcher Elternteil das Kindergeld erhält. In den meisten Fällen muss jedoch das betreuende Elternteil schriftlich bestätigen, dass es mit dem Antrag des anderen Elternteils einverstanden ist. Sollte das betreuende Elternteil seine Zustimmung verweigern, kann das Kindergeld grundsätzlich nur an das betreuende Elternteil ausgezahlt werden.
6.2 Änderungen im Betreuungsmodell
Falls sich das Betreuungsmodell ändert, beispielsweise durch einen Wechsel vom Residenzmodell zum Wechselmodell, kann auch der Kindergeldempfänger geändert werden. Die Eltern müssen in diesem Fall die Familienkasse informieren und gegebenenfalls einen neuen Antrag stellen, der die geänderten Verhältnisse widerspiegelt. Die Familienkasse wird dann prüfen, ob eine Umstellung des Kindergeldempfängers sinnvoll ist.
7. Auswirkungen auf steuerliche Vergünstigungen
Das Kindergeld und der Kinderfreibetrag stehen in einem Zusammenhang. Eltern haben Anspruch auf den Kinderfreibetrag, der steuerlich günstiger sein kann als das Kindergeld. Das Finanzamt prüft in der Einkommensteuerveranlagung automatisch, ob der Kinderfreibetrag für die Familie günstiger ist als das Kindergeld und gewährt bei Bedarf eine zusätzliche Steuervergünstigung.
8. Sonderfälle: Kindergeld für volljährige Kinder
Für volljährige Kinder wird das Kindergeld nur unter bestimmten Bedingungen gezahlt, beispielsweise wenn das Kind eine Ausbildung, ein Studium oder einen Freiwilligendienst absolviert. In diesem Fall erhält weiterhin der Elternteil das Kindergeld, bei dem das Kind seinen Hauptwohnsitz hat oder das für die Betreuung des Kindes die Hauptverantwortung trägt.
Bei volljährigen Kindern, die nicht mehr im Haushalt der Eltern wohnen, kann das Kindergeld auch direkt an das Kind ausgezahlt werden. Voraussetzung hierfür ist eine schriftliche Erklärung des Kindergeldberechtigten, dass das Kind das Geld selbst erhalten soll.
9. Kindergeld bei Auslandsaufenthalt und Umzug ins Ausland
Auch im Ausland lebende Kinder von Eltern, die in Deutschland steuerpflichtig sind, können unter bestimmten Bedingungen weiterhin Anspruch auf Kindergeld haben. Voraussetzung ist, dass die Eltern weiterhin in Deutschland gemeldet sind und eine Steuerpflicht besteht. Auch bei einem Umzug ins EU- oder EWR-Ausland bleibt der Anspruch auf Kindergeld bestehen, sofern die entsprechenden Bedingungen erfüllt sind.